Blogeintrag

mit dem zug über den vansee

die gleise enden am wasser. dort ruht die fähre mit offenem schlund. dort steht der zug und  schnauft in der klirrend kalten winternacht, wie ein raubtier nach einer erfolglosen jagd: erschöpft, dampfend, unruhig. ein paar meter abseits stehen ein paar männer im windschatten einer bretterbude, aus der fahles taschenlampenlicht und der geruch heißer linsensuppe strömt. die männer trinken tee aus tassen und rauchen. sie tragen dunkle wollmützen.

plötzlich stellen sie die tassen auf den boden und nähern sich dem zug. wagon für wagon koppeln sie voneinander ab, zerlegen die zugkette in seine einzelnen glieder. allein dafür benötigen sie stunden und mehrere päckchen mentolzigaretten. dann erwacht die lokomotive wieder zum leben. eine virtuose rangier-choreografie beginnt. alle wagons werden einzeln von der lok in den bauch der fähre geschoben. hin und her, bald zurück zu den abstellgleisen, bald vor über die die breite fährrampe an bord. nach und nach verschwindet der zug im dunkel des schiffes.

es ist späte nacht, als die fähre ablegt. dicke schneflocken tanzen um die die passagiere an deck, die zuvor tagelang im zug saßen. sie sind auf dem weg in den iran. um den vansee kommen sie nicht herum. sie müssen über ihn, samt zug. auf der anderen seite wird er wieder zusammengesetzt. sieben tage fahren sie von istanbul nach teheran. in dieser nacht müssen sie auf das gleichmäßige klack-klack der schienen verzichten.